Blogbeitrag ohne SEO-Text – erlaube ich mir heute. Denn er hat (fast) nichts mit meinem Business zu tun. Er ist ein virtuelles Dankeschön an meine Großmutter, die heute am 30. November 2020 vor 121 Jahre geboren wurde. Sie starb 1990.
Pflanzen, Texte und die Oma
Als mich meine Textinen-Kollegin Silke Bicker, PR-Referentin für Umweltkommunikation, zu ihrer Blogaktion einlud und das Thema beschrieb („Vom Wert der Natur in der Selbstständigkeit“), überlegte ich kurz. Warum bedeutet mir die Natur so viel – und was ist jetzt im grauen November? Da musste ich an meine Oma denken, an ihren Geburtstag. Sie hat meine Sinne geschärft für die kleinen und großen Wunder in der Natur und sie hat mich Achtung gelehrt (dieses ungebräuchliche Wort mag hier erlaubt sein), Achtung vor allem, was wächst.
Sie selbst würde hier vermutlich lieber ‚‚Großmutter“ lesen, so nannte sie sich lieber. Das Wort Oma kam bei ihr nicht vor. Aber für mich war sie die Oma – die Oma Strehle, die nur wenige Schritte entfernt auf unserem Hof lebte und immer da war. Wenn ich mich im Winter durchgefroren vom Spielen an ihrem Ofen wärmte, in dem die Bratäpfel warteten (ohne modernen Schnickschnack wie Füllung oder Vanillesoße), wenn ich mir einmal in der Woche bei ihr ein Mittagessen wünschen durfte und sie dafür oft das selbst angebaute Gemüse aus dem Garten verarbeitete. War es die Kartoffelsuppe mit dem wunderbaren Liebstöckel-Aroma oder die Puffer mit dem Apfelmus aus der Flotten Lotte …
Kein SEO-Text. Nur: Sag Es Oma
Meine Oma wurde 1899 geboren. Diese Jahreszahl hat mich als Kind fasziniert: im vorherigen Jahrhundert geboren zu sein (aus meiner damaligen Sicht) und außerdem noch kurz vor knapp, Ende November. Notgedrungen hat sie deshalb zwei Kriege erleben müssen, in unterschiedlichen Systemen gelebt – und ich kannte damals nur die DDR. Übrigens: Zu gern hätte meine Oma wenigstens einmal ihre Rente in ‚‚Westgeld“ bekommen. Das klappte leider nicht mehr.
Eine ihrer Freundinnen (‚‚Fräulein R.“, ich kürze den Namen hier aus Datenschutzgründen ab) lebte im Westen. Auch dieser Kontakt hat meine Kindheit geprägt. Oma und Fräulein R. kannte sich aus Jugendjahren. Meine Oma war Köchin, bevor sie meinen Opa heiratete, und Fräulein R., ihre Kollegin, war Gärtnerin in einem Kinderheim. In den Paketen, die Fräulein R. uns schickte, waren nicht nur Kaffee und Schokolade, sondern Blumenzwiebeln und -samen, Gartenzeitschriften und auch mal ein Buch, an das ich mich noch gut erinnern kann. Ich habe es mir jetzt antiquarisch nachgekauft: ‚‚Gesundheit aus der Apotheke Gottes“ von Maria Treben. Dieses Buch führte dazu, dass ich mir Brennesselsud kochte, um meine langen blonden Haare zu pflegen (so etwas wie Spülung gab es zu DDR-Zeiten ohnehin nicht). Und dank des Buches lernte ich Pflanzen kennen, die ich in meiner Heimat, auf der Insel Rügen, noch nicht entdeckt hatte, zum Beispiel Kalmus. An den Briefwechsel mit Fräulein R. denke ich gern zurück, sie berichtete aus ihrem Garten, steckte oft Ausschnitte aus Gartenkatalogen in ihre Post. Und ich war fasziniert von diesen Bildern.
Mit Lebenserfahrung und Sorgfalt
Meine Oma praktizierte, was wir heute Nachhaltigkeit nennen – aus Gewohnheit und aus Erfahrung. Kein Essen wurde weggetan, Kartoffeln so achtsam und sparsam geschält, wie es nur ging. In der Spargelzeit (sie hatte im Garten drei kleine Reihen des damals sehr seltenen Gemüses) kochte sie die Schalen aus und servierte uns eine köstliche Spargelsuppe. Sie ging mit Lebensmitteln um wie mit Kostbarkeiten, mit der Achtung, die sie verdienen. Sie wusste, wieviel Arbeit darin steckt, wieviel Mühe und Sorgfalt. Oftmals, wenn ich heute in meiner Küche Kartoffeln mit dem Sparschäler schäle (den es übrigens damals nicht gab. Oma konnte das geschickt mit einem winzigen Messer), denke ich an sie. Im Blumengarten hat sie sorgfältig die Samen der rosa und weiß blühenden Malven eingesammelt und nach dem Trocknen in ausrangierten Nivea-Dosen aufbewahrt. So viel wert wie Goldstaub – sowohl die Samen als auch diese leeren Dosen.
Prolog: SEO, schreib es Oma
Und Sie haben bis hierher gelesen? Ich verrate Ihnen gern, wozu mich meine Leidenschaft zu Natur und Pflanzen führte. Eigentlich hätte ich nach meiner landwirtschaftlichen Ausbildung (ich bin ‚‚Facharbeiter für Pflanzenproduktion“) Saatzucht studiert. So sah es der Plan vor. Dann kam die Wende. Und ich entschied mich für Ökotrophologie (das konnte ich an der Agrarwissenschaftlichen Fakultät studieren, was mir allein schon aus diesem Grund sympathisch war). Irgendwann später bin ich selbstständige Journalistin und Texterin geworden, noch immer mit einer Nähe zu Pflanzen, wenigstens zu denen, die man essen kann. Im Spätsommer 2020, nach der ersten Coronawelle, ließ ich ein Herzensprojekt wahr werden. Vermutlich schaut meine Oma erfreut von oben zu. Neben Redaktionsbüro Heike Sievers bin ich seither auch als Frau Gartensinn unterwegs. Mit viel Spaß und Inspiration bei meinem neuen Nebenjob. SEO, Sag Es Oma, danke.♡